Gestern habe ich einen Einblick gegeben warum Lerntagebücher als reflexive Elemente in Bildungsprozessen eine wichtige Rolle spielen können.
Das Verfassen von Lerntagebüchern ist eine Methode aus der Aktionsforschung, die die Handelnden dazu anhalten soll, die eigene Praxis zu erkunden, zu überprüfen und möglicherweise zu verändern.
Lerntagebücher werden im Verlauf von Lehrveranstaltungen eingesetzt, um die persönliche Auseinandersetzung der Studierenden mit Lehrinhalten und Lehrzielen zu dokumentieren und zu reflektieren. Diese Methode ist […] besonders geeignet […] eigene Erfahrungen und Einstellungen zu aktualisieren und sich mit ihnen kritisch auseinanderzusetzen. Auch lassen sich die kognitiven Ziele der Lehrveranstaltung wesentlich stärker „personenbezogen“ gestalten.
Wie empirische Untersuchungen gezeigt haben, fördert das Lerntagebuch im Gegensatz zum traditionellen „Prüfungslernen“ das langfristige Behalten von Inhalten, also das eher bedeutsame und anwendungsorientierte Lernen (nach Mayr, J. (1997). Evaluieren. In F. Buchberger, H. Eichelberger, K. Klement, J. Mayr, A. Seel & H. Teml (Hrsg.), Seminardidaktik, Innsbruck: Studienverlag, S. 234). http://paedpsych.jk.uni-linz.ac.at
Ich halte Weblogs für ein Medium welches sich besser zum Führen eines Lerntagebuches eignet als Papier oder einzelne Textdateien.
Blogging can be a great way of getting thought leaders within your organisation to disseminate
their knowledge as well as inform others
on things such as best practice, changes to procedures, industry news and so on. Aus Web-based learning communities via eduFutureBlog
Ich habe mal eine Gegenüberstellung angefertigt welche Anforderungen an Lerntagebücher gestellt werden und wie sich die Anforderungen mit Hilfe von Weblogs umsetzen lassen.
[table id=1 /]
Schlussfolgerung
Die Voraussetzungen zum Führen und Lesen eines Lerntagebuches in Form eines Weblog sind aus technischer Sicht etwas höher. Ein Internetzugang ist erforderlich und sollte (im Rahmen der Tätigkeit) jederzeit verfügbar sein. Der deutliche Vorteil ist, dass die Inhalte eines Weblogs ohne Weiteres für Peers und Lehrende verfügbar sind und so einen Einblick in den aktuellen Stand ermöglichen.
Abhängig vom Ziel das mit einem Lerntagebuch erreicht werden soll lassen sich unterschiedliche Möglichkeiten skizzieren wie das Lerntagebuch technisch strukturiert sein sollte.
- Technische Ausstattung (Internetzugang) steht nicht zur Verfügung, eine offenes Diskutieren des Tagebuchs ist nicht vorgesehen. (Einsatz als primär reflexives Medium.)
- Eine Lösung mit Stift und Papier ist ggf. ausreichend. Das Heft kann komplett weitergegeben werden.
- Steht ein Computer zur Verfügung, so liessen sich auch einzelne Textdokument anfertigen und lokal speichern. Die Suchfunktion ist besser als bei einem Lerntagebuch in Papierform, jedoch lässt diese Form nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten der Verknüpfung zu. Vorteil ist, dass die Schreiber der Tagebücher mit dieser Technik häufig schon vertraut sind.
- Es besteht bei vorhandenem Computer, auch die Möglichkeit ein Weblog auf dem eigenen Computer einzurichten. Die Vorteile der Vernetzung des Inhaltes sowie die Volltextsuche bleiben erhalten. Die Diskussion des Inhalts, auch durch einzelne Personen (Lehrer) kann sich als schwierig gestalten, wenn dieser Computer stationär ist. Die Inhalte lassen sich ggf. ausdrucken.
- Dritte Option für diesen Einsatzzweck wäre ein Weblog im Internet einzurichten und den Zugang durch Dritte mit einem Passwortschutz zu vermeiden.
- Ist die offene Diskussion einzelner oder aller Inhalte erwünscht so bietet sich die Standardvariante eines Weblogs mit den o.g. Vorteilen an. (Einsatz als reflexives und Diskursives Medium.)
Grundsätzlich scheinen Weblogs ein sehr geeignetes Medium zum Führen von reflexiven und diskursiven Lerntagebüchern zu sein sie auf Grund ihrer Funktionen einem Lerntagebuch auf Basis von Papier oder einzelnen Textdateien deutlich vorzuziehen sind. Die Vorteile von Weblogs sind, dass sie die Inhalte nicht nur archivieren, sondern durch die Verknüpfung der einzelnen Beiträge zu einer umfassenderen Reflexion verhelfen können und durch die Diskursiven Elemente (Trackbacks und Kommentare) zu einer Auseinandersetzung mit Anregungen von außen verhelfen und so die Sicht auf die eigenen Prozesse erweitern. Das aus den eigenen Einträgen auch Lernimpulse für Dritte gegeben werden können ist hierbei ein positiver Nebeneffekt.
Fragen die noch zu klären sind
- Was spricht noch für oder gegen den Einsatz von Weblogs als Lerntagebuch?
- Welche Tools eignen sich ggf. noch Besser hierzu?
- Wenn Weblogs eine so hilfreiche (kostenlose) Methode zur Reflexion des eigenen Lernens/Lehrens sind, warum werden sie in (Hoch-)Schulen nicht stärker eingesetzt?
Ralf Appelt arbeitete im Medienzentrum der Fakultät für Erziehungswissenschaft an der Uni Hamburg und studierte Diplom Pädagogik und ePedagogy Design Visual Knowledge Building. Mittlerweile ist er Studienrat an einer berufsbildenden Schule in Schleswig-Holstein. Er interessiert sich ausserdem für Visualisierung, Photographie, Social Media und mobile Learning. |